Seit 2010 beschäftigt sich die Lebensmittelbranche nun schon mit dem Thema von Mineralölrückständen in Lebensmitteln. Anfangs war der Schuldige schnell gefunden. Die Verpackung ist der Bösewicht, insbesondere recycelte Verpackung aus Papier, welche Rückstände von alten mineralölhaltigen Druckerfarben enthält. Problem identifiziert, Lösung auch? Wenn es doch nur so einfach wäre.

MOSH und MOAH heißen sie, zwei der Schreckbegriffe, die jeden Lebensmittelhersteller zusammenzucken lassen, insbesondere, wenn sie aus dem Munde von Testeinrichtungen kommen. Den beiden Kohlenwasserstoffen, gesättigt (MOSH) und aromatisch (MOAH), werden gesundheitliche Risiken nachgesagt. Das ist durchaus berechtigt, doch nachgewiesen sind sie bisher nicht. Ohne Nachweis fällt es schwer eine genaue Bewertung vorzunehmen. Nicht einmal das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) oder auch das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) konnten sich bisher auf Grenzwerte einigen, allemal Richtwerte gäbe es, die Orientierung bieten sollen. Für festgelegte Grenzwerte fehlen schlicht die notwendigen wissenschaftlichen Nachweise. Zudem ist die Analyse von Mineralölrückständen zwar möglich, jedoch noch so unzuverlässig, dass eine Bewertung allein auf Analysewerten zum aktuellen Zeitpunkt eigentlich nicht möglich ist.

Nichtsdestotrotz sind in letzter Zeit insbesondere bekannte Testeinrichtungen in Deutschland wieder aktiv dabei, Lebensmittel auf MOSH und MOAH zu untersuchen. Seien es Kokosprodukte oder Schokolade, gefunden wird beinahe überall was. Dabei sind Bio-Lebensmittel genauso belastet, wie Konventionelle. Die logische Konsequenz daraus kann ja nur sein: Bio ist ja eh nicht besser. Oder doch?

Was der aufmerksame Leser bei solchen Testbewertungen häufig vermisst, ist eine neutrale Auseinandersetzung mit der Frage „Wo kommen sie denn nun her, diese Mineralölrückstände?“

Es versteht sich von selbst, dass kein Bio-Lebensmittelhersteller Mineralöl in seinem Lebensmittel haben möchte, doch ist es häufig schlicht außerhalb seiner Möglichkeiten, den Eintrag zu verhindern. Denn Wege gibt es viele, wie diese Rückstände in das Produkt gelangen können. Sei es durch den Einsatz von Maschinenölen oder Schmierfetten auf Ebene der Ernte oder Produktion, den oben bereits genannten Übertrag aus Verpackungen (Recyclingverpackungen aus Altpapier, Sisal- oder Jutesäcke, die mit Mineralöl behandelt waren), Umweltbelastungen im Boden, Betriebsmittelanwendungen in der Landwirtschaft (Paraffin als Untergruppe von MOSH ist auch im Bio-Obstbau als Betriebsmittel zugelassen), Mineralöl in der Verarbeitung oder viele andere. Die Eintragswege sind ubiquitär, bei vielen hat der Lebensmittelhersteller keine Möglichkeit, den Eintrag bewusst zu vermeiden.

Da, wo es vermieden oder zumindest eingegriffen werden kann, arbeiten verschiedene Branchen bereits seit Jahren aktiv und durchaus auch erfolgreich an Möglichkeiten, die Rückstände zu minimieren.

Was man ebenfalls vermisst, ist ein Hinweis darauf, wieviel Mineralölrückstände der Mensch denn sonst noch aufnimmt, durch Belastung der Luft und Böden. Schaut man sich Zahlen des Mineralölwirtschaftsverbandes an, spielen die wenigen mg / kg Lebensmittel, die Testeinrichtungen teilweise als „sehr starke Belastung“ anprangern, nämlich auf einmal kaum noch eine Rolle. Weiterhin ist eine solche Einstufung der Rückstände für Verbraucher und Verbraucherinnen vor diesem Hintergrund kaum nachvollziehbar und schafft allenfalls mehr Verunsicherung, als Aufklärung.

Denkt man in Anbetracht dieser Situation auf der Bewertungsebene, die hier teils vorgenommen wird, den Gedanken weiter, wie wir unsere Lebensmittel herstellen wollen, dann müssten wir eigentlich unsere Natur sterilisieren. Doch die Natur ist nicht steril. Bleibt also nur noch die Lebensmittelherstellung im Labor. Doch Moment, gibt es da nicht auch Maschinen und Geräte, die mit Ölen und Schmierfetten behandelt sind?

Ein umfassendes AöL-Informationspapier zum Thema gibt es HIER (Johanna Stumpner)+++

Comments are closed.