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Zusammenfassung

Mit Artikel 28, 29 wurden in der VO 2018/848 erstmals in der Geschichte der Bio-Verordnung spezielle Regelungen für das Vorhandensein von nicht erlaubten Erzeugnissen und Stoffe in Bio-Erzeugnissen getroffen. Deren Vorhandensein kann ein Indiz für einen Verstoß gegen die Bio-Verordnung sein. Es ist für die Bio-Unternehmen sehr wichtig, vor immer wieder auftretendem Bio-Betrug oder fehlerbehafteter Ware geschützt zu werden. Das ist substanziell bedeutend für das Vertrauen der Kunden in die Produkte und damit für den Erfolg der Unternehmen.

Die Bio-Lebensmittel herstellenden und handelnden Unternehmen beobachten und diskutieren intensiv die Umsetzung des Artikel 29. Mit diesem Bericht stellen diese ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu Artikel 29 und dessen Implementierung den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung.

  • Es bestehen weiter große Defizite in einer sachgerechten und harmonisierten Umsetzung der Vorgaben des Art 29 in und außerhalb von Europa
  • Die notwendigen Kompetenzen zur Umsetzung sind in der Verantwortungskette (Unternehmen, Kontrollstellen und Behörden) noch nicht ausreichend aufgebaut, um die Vorgaben des Artikel 29 professionell umzusetzen
  • Eine professionelle Risikobewertung findet nicht statt. Zu viel Zeit und Geld wird für Fälle mit geringer Relevanz eingesetzt.
  • Die Kommunikation und Abstimmung zwischen den Behörden und Kontrollstellen unter den EU-Mitgliedsstaaten ist unzureichend (OFIS scheint dysfunktional)
  • Bearbeitungsfristen für amtliche Untersuchungen sind nicht klar und dauern in der Regel deutlich zu lange
  • Die Bio-Zertifikate sind durch die Umsetzungspraxis des Artikel 29 entwertet

Durch diese Auswirkungen besonders sind einige Produktgruppen und der Import von Bio-Produkten betroffen. Zudem bestehen rechtliche Probleme mit einer sicheren Umsetzung der Vorgaben des Artikel 29 insbesondere in Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hierbei spielt die Auslöseschwelle für eine amtliche Untersuchung „Vorhandensein“ eine zentrale Rolle. Vorhandensein ist weder ein wissenschaftlich gesicherter Begriff noch besteht eine rechtliche Definition oder eine analytische Schwelle.

Für Unternehmen ist grundlegend wichtig, den organisatorischen, rechtlichen, zeitlichen und finanziellen Mehraufwand kalkulierbar und beherrschbar, sprich wirtschaftlich gestaltbar, zu halten. Das beinhaltet aus unserer Sicht mehr Respekt und Achtung von Behörden und politischen Entscheidern im Hinblick auf die wertschöpfenden und gesellschaftlichen Beiträge, die insbesondere Bio-Unternehmen zu leisten bereit sind. Unter diesem Aspekt müssen die möglichen Auswirkungen bezogen auf das unternehmerische Risiko im Umgang mit biozertifizierten Erzeugnissen bei der Vorschreibung der Vorschriften angemessener berücksichtigt werden.

1. Einführung

Mit Artikel 28, 29 wurden in der VO 2018/848 erstmals in der Geschichte der Bio-Verordnung spezielle Regelungen für das Vorhandensein von nicht erlaubten Erzeugnissen und Stoffen getroffen. Dieser Entscheidung sind einerseits Probleme bei der rechtsicheren und harmonischen Umsetzung des alten Bio-Rechts sowie eine intensive Debatte der legislativen Organe vorausgegangen.

Das Vorhandensein von nicht erlaubten Substanzen kann ein Indiz für einen Verstoß gegen die Bio-Verordnung sein, da diese einen Hinweis geben könnten, dass unerlaubte Mittel eingesetzt, oder Vorsorgemaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt wurden. Ein solches Vorhandensein ist jedoch nur ein Indiz unter vielen anderen Indizien, die auf einen Verstoß gegen die Bio-Verordnung hindeuten.

Es ist für die Bio-Unternehmen sehr wichtig sich vor immer wieder auftretendem Bio-Betrug oder fehlerbehafteter Ware zu schützen. Das ist bedeutend für das Vertrauen der Kunden in Bio-Produkte und damit für den Erfolg der Unternehmen. Eine Absicherung der Qualität der Biointegrität muss somit auf effizienten Abwehrmaßnahmen beruhen. Sowohl in den Betrieben selbst als auch im staatlichen Kontrollsystem. Das Ziel der in der Folge formulierten Kommentierungen und Vorschläge ist es, das Sicherungssystem weiterzuentwickeln und seine Effizienz zu sichern.

2. Die Evaluierung des Artikel 29

In Artikel 29 (4) ist die Kommission aufgefordert, zu Ende 2025 dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung, insbesondere des Artikel 29, vorzulegen.

Die Bio-Lebensmittel herstellenden und handelnden Unternehmen beobachten und diskutieren die Umsetzung des Artikel 29 seit dessen Implementierung in der EU. Mit diesem Bericht stellen diese ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu Artikel 29 und dessen Implementierung den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung.

Offizielle Statistiken oder wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit der Umsetzungspraxis des Artikel 29 durch die Behörden befassen, liegen uns nicht vor. Das OFIS-Meldesystem ist nicht öffentlich. Auswertungen von aggregierten Daten aus dem OFIS-System werden nicht veröffentlicht.

Die Unternehmen können nur aus Ihren eigenen Erfahrungen berichten. Also aus Ihren Erfahrungen mit den Kontrollstellen und Behörden sowie aufgrund von Erfahrungen mit Verdachtsfällen und/oder OFIS-Meldungen, in die die Unternehmen involviert waren.

Die in der Bio-Verordnung etablierte Vorgehensweise gemäß Artikel 28 und die definierten Verantwortungsübergänge gemäß Artikel 29 an Kontrollstellen und Behörden sind deutlich klarer als die Regelungen in der alten Bio-Verordnung. Insbesondere halten wir es für sachgerecht, dass mit Artikel 28 die Verantwortung der Unternehmen gestärkt wird und Entscheidungen dort zu treffen sind, wo die höchste Kompetenz und Handlungsfähigkeit besteht. Diese Vorgehensweise hat sich in anderen lebensmittelrechtlichen Strukturen – z.B. Hygienerecht – bewährt.

Viele Unternehmen berichten darüber, dass es in einigen Mitgliedsländern gelungen ist, den Regelungsrahmen gemäß Artikel 28 rechtssicher und operativ funktional umzusetzen. Das ist positiv und richtungsweisend. In vielen Mitgliedsländern bestehen jedoch weiter erhebliche Probleme mit einer sachgerechten und praxisnahen Umsetzung des Artikel 29. Insbesondere ist es nicht gelungen, eine harmonisierte Umsetzung in den EU-Mitgliedsländern zu etablieren.

3. Erfahrungen mit Kontrollstellen und Behörden

Wie bei vielen neuen und komplexen Regelungsansätzen besteht jedoch noch erheblicher Klärungsbedarf in Fragen der Interpretation und harmonisierten Umsetzung. Und es gibt wichtige Ansätze für eine zielorientierte Weiterentwicklung des Regelungsrahmens.

Folgende Themen und Probleme wurde in den letzten Jahren von Unternehmen in Bezug auf die Umsetzung des Artikel 29 identifiziert:

  1. Zentral ist das Problem der unterschiedlichen Umsetzung der Vorgaben in Europa. Einerseits sichert bereits Artikel 29 (5) für einzelne Mitgliedsstaaten abweichende rechtliche Vorgaben und Umsetzungen zum Umgang mit dem Vorhandensein nicht zugelassener Stoffe und Erzeugnisse in Bio-Lebensmitteln. Andererseits werden offensichtlich die Vorgaben des Artikel 28 und 29 weiter sehr unterschiedlich in den EU-Mitgliedsländern ausgelegt und implementiert.
  2. Die fehlende Definition des Begriffs „fundierte Informationen“ ist ein wesentlicher Grund für die genannten Unterschiede und die mangelnde Harmonisierung bei der Behandlung von Befunden durch die Kontrollstellen und Kontrollbehörden: Dies erschwert den Unternehmen die Entscheidungsfindung und führt zu Erschwernissen im Marktzugang.
  3. Behörden/Kontrollstellen haben immer noch Schwierigkeiten die in QS-Vorgaben übersetzte rechtlichen Vorgaben aus Artikel 28 zur Etablierung von Eigenkontrollsystemen sachgerecht im Unternehmen zu verifizieren. Eine Kompetenzlücke im Kontrollverfahren, die geschlossen werden muss, um die Effizienz der Umsetzung von Artikel 28 und 29 zu sichern.
  4. Aus der Sicht der Unternehmen werden immer wieder nicht gerechtfertigte amtliche Untersuchungen aufgrund von Spurenbefunden durchgeführt[1]. Zum Beispiel ist es oft nicht nachvollziehbar, wie die Analysenergebnisse erzeugt wurden[2],[3]. Zudem werden die Untersuchungen regelmäßig durch analytische Befunde ausgelöst, die auf Grundlage von Erfahrungswissen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Indikation für einen Verstoß sind. Es kam z.B. zu OFIS-Meldungen, die durch das Vorhandensein von für Bio zugelassenen Stoffen ausgelöst wurden[4]. Es ist nicht möglich fehlerhafte oder falsche Meldungen zu schließen.
  5. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigt zudem, dass viele Kontrollstellen und Behörden mit der fachlichen Bewertung des Vorhandenseins von nicht zugelassenen Stoffen und Erzeugnissen und deren adäquater Kontextualisierung zum Regelungsrahmen der Bio-Verordnung überfordert sind. Dazu kommt die hohe Arbeitsbelastung durch die hohe Anzahl von Spurenbefunden, die abgearbeitet werden müssen. Reine sachgerechte Risikobewertungen als Grundlage für effektive Kontrollsysteme finden nur unzulänglich statt.
  6. Es kommt immer wieder vor, dass „amtliche Untersuchungen“ am selben Produkt in verschieden EU-Mitgliedsstaaten wiederholt werden, weil keine länderübergreifende Kommunikation zwischen Behörden/Kontrollstellen stattfindet[5]. Bei länderübergreifendem Warenverkehr muss im Falle eines Verdachtes vor einer amtlichen Untersuchung eine Abstimmung zwischen Behörden/Kontrollstellen erfolgen.
  7. Wenn amtliche Untersuchungen durch Behörden ausgelöst (und über OFIS gemeldet) werden, findet nach unserer Erfahrung vor dem Auslösen der amtlichen Untersuchung keine Prüfung statt, ob die Situation vom Unternehmen gemäß Artikel 28 (2) bereits bewertet wurde[6]. Ist die Begründung des Unternehmens stichhaltig, kann ggf. eine amtliche Untersuchung vermieden werden[7]. Eine solche Vorgehensweise würde das Rechtssystem (28/29) schlüssig anwenden, die Effektivität des Verfahrens erhöhen und Aufwand bei allen Akteuren der Verantwortungskette verringern.
  8. Der zeitliche Ablauf von amtlichen Untersuchungen erstreckt sich manchmal über Jahre[8] und geht in vielen Fällen über die Haltbarkeit der Produkte hinaus. Es werden keine Bearbeitungsfristen festgelegt. Die Waren werden ohne zeitliche Begrenzung und ohne rechtssicheren Bescheid (siehe 8.) gesperrt. Aufgrund von Lagerkosten und Nichtlieferfähigkeit bzw. notwendiger Ersatzbeschaffung entstehen erhebliche Kosten für Unternehmen. In vielen Fällen wird zeitlich definierte Halt- und Vermarktbarkeit der Erzeugnisse überschritten, sodass defacto ein Warenverlust eintritt, ganz unabhängig vom Ausgang der Untersuchung.
  9. Entscheidungen zu Warensperrungen durch Behörden gemäß Art 29 (1) b) oder (2) erfolgen nur sehr zögerlich. Behörden versuchen, diese zu umgehen[9]. Verwaltungsrechtliche Probleme stehen oft belastbaren amtlichen Bescheiden im Weg, da die amtliche Untersuchung erhebliche ökonomische Folgen durch Warensperrung und Information an die Kunden hat. Das hat Auswirkungen auf das Ergreifen von Rechtsmitteln durch die betroffenen Unternehmen z.B. Richtung Lieferant, aber auch gegenüber den Behörden. Weiter steht diese Praxis Schadenskompensationen durch Versicherungen im Weg.
  10. Der Informationsfluss zu den Unternehmen ist bisher unzureichend. Den von Verdachtsfällen betroffenen Kontrollstellen und Unternehmen müssen stichhaltige und relevante Informationen zu den Fällen zur Verfügung gestellt werden. Es entspricht nicht der guten Verwaltungspraxis, wenn das Recht auf Akteneinsicht regelmäßig über Rechtsanwälte eingefordert werden muss.
  11. Die durch das Bio-Zertifizierungssystem etablierte und durch das Zertifikat bestätige Konformität kann jederzeit durch einen analytischen Befund, auch mit zweifelhafter Relevanz für einen Verstoß, ausgehebelt werden. Die Entwertung des Zertifizierungsverfahrens und der Zertifikate durch die niederschwellige Infragestellung gefährdet die Verlässlichkeit und damit den Wert des Zertifikationsverfahren. Hierdurch wachsen die Risiken für die Unternehmen erheblich, was die Entwicklung des Marktes für ökologische Erzeugnisse behindert.

4. Besonders betroffene Produktgruppen

Die Auswirkungen des Artikel 29 sind besonders bei pflanzlichen Produkten relevant, wie Obst und Gemüse und daraus hergestellten Erzeugnissen. Besonders betroffen sind Produktgruppen, die große Oberflächen[10] haben, wie z.B. Kräuter oder solche, die konzentriert werden, z.B. durch Extraktion (Öle), oder Trocknung (Tee), sowohl bei Lebensmitteln als auch bei Futtermitteln. Dahingegen sind Produkte aus der tierischen Produktion, mit Ausnahme von Honig, praktisch nicht betroffen, da in diesem Pflanzenschutzmittel, auf die die behördlichen Maßnahmen im Wesentlichen zielen, in der Regel nicht nachweisbar sind.

Ob das tatsächlich die in Bezug auf Verstöße gegen die Bio-Verordnung relevantesten Produktgruppen sind oder diese aufgrund des oben genannten spezifischen Faktors überproportional in den Fokus geraten sind, ist offen. Die großen Bio-Betrugsfälle[11], bei denen große Mengen an meist rückstandsfreiem Getreide oder Ölsaaten zu Bio umdeklariert wurden, könnte dies nahelegen.

Es lässt sich auf jeden Fall festhalten, dass einzelne Branchen besonders massiv und aus unserer Sicht unverhältnismäßig durch die Regelung in Artikel 29 betroffen sind. Sollte die Regelung so bestehen bleiben, ist es auf jeden Fall notwendig, diese differenzierter auf verschiedene Produktkategorien und Erzeugungssituationen zu gestalten, um den tatsächlichen Gegebenheiten auf der Ebene der Produktion und der Produkte zu entsprechen und unverhältnismäßige Härten für einzelne Marktteilnehmer zu vermeiden.

5. Problemschwerpunkt Import

Die massivsten Auswirkungen haben die Vorgaben auf den Import von Bio-Ware. Es kommt zum Stopp von einzelnen Importvorgängen oder ganzen Projekten in der Urproduktion mit der Begründung, dass Rückstände in Produkten gefunden worden wären, obwohl die Zertifizierung regelkonform erfolgte und Nachweise für eine Anwendung oder nicht getroffene Vorsorgemaßnahmen nicht vorliegen[12]. Rechtliche Grundlagen für diese Vorgehensweisen sind unverständlich bzw. nicht vorhanden. Das Rechtsprinzip „in dubio pro reo“ findet keine Anwendung. Rechtsstaatliche Instrumente können nicht genutzt werden, da die relevanten Vorgänge außerhalb von Europa stattfinden. Hersteller und Drittlandskontrollstellen vermeiden deshalb Argumentationen gegenüber Kontrollbehörden der EU und stornieren den Bio-Status der Ware. In der Regel zu Lasten aller Beteiligten und insbesondere der Erzeuger im Drittland.

Lieferanten haben in einigen Importländern aufgegeben, Öko-Produkte für Europa anzubauen, da der Aufwand und das Risiko wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind. Warenströme werden umgelenkt, insbesondere in die nordamerikanischen Märkte, weil dort sachgerechter mit Spurenbefunden in Bio-Rohwaren umgegangen wird.

6. Das OFIS Meldesystem

Aus der Sicht der Wirtschaftsbeteiligten stellt das OFIS-Meldesystem ein zentrales Problem dar (Siehe Anlage I zu OFIS).

Wesentliche Probleme bestehen darin:

  1. Das OFIS-System ist nicht transparent und einsehbar
  2. Es besteht der Eindruck, dass zuständige Behörden der EU-Mitgliedsländer nicht nach gleichen Auslösemechanismen in das OFIS-System melden
  3. Aufgrund falscher Daten oder Informationen[13] ausgelöste OFIS-Fälle können nicht geschlossen werden
  4. Die Bearbeitung von OFIS-Fällen dauert teilweise Jahre – die Kooperation der Behörden ist immer wieder dysfunktional – und führt in vielen Fällen zu keinem Ergebnis
  5. Durch die Kommission vorgenommene statistische Auswertungen auf der Grundlage von OFIS-Meldungen sind bereits aufgrund der Unsicherheiten bei der Eingabe in das OFIS-System zweifelhaft. Daraus abgeleitete Auswirkungen auf Warenherkünfte und Unternehmen sind nicht sachgerecht

7. Daraus abgeleitete Einschätzungen zum Artikel 29

Wie schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren diskutiert, ist die im Artikel 29 (1) gewählte Auslöseschwelle für eine amtliche Untersuchung die „fundierte Information über das Vorhandensein von Erzeugnissen oder Stoffen… die nicht … zugelassen sind“ wissenschaftlich nicht haltbar. Wissenschaftliche analytische Untersuchungen auf Verunreinigungen kennen kein „Nicht Vorhandensein“. Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff „Vorhandensein“ im Bio-Recht nicht definiert wird. Wissenschaftlich wird von LOD[14] oder LOQ[15] gesprochen, die auf jeweils andere Art klären, bis zu welcher qualitativen oder quantitativen unteren Schwelle eine Aussage über das Vorhandensein eines Stoffes möglich ist.  Dies bedeutet jedoch wissenschaftlich niemals, dass der Stoff nicht vorhanden ist, sondern nur, dass für diesen bis zu der analytischen Schwelle ein Nachweis nicht möglich ist.  Jüngste Untersuchungen an Bio-Lebensmittel im „UPOP project – Ultra Low Levels of Pesticides in Organic Products“ [16] haben eindrücklich demonstriert, dass in dem gewählten Konzept über das „Vorhandensein“ das Auslösen von amtlichen Untersuchungen in Abhängigkeit der analytischen Präzision beliebig auf praktisch alle Bio-Produkte ausgeweitet werden kann.

Auch Artikel 28 (2) nutzt auf der Ebene der Unternehmen als Auslöseschwelle das „Vorhandensein“. Dort wird jedoch ein zweistufiges Verfahren etabliert. Das Vorhandensein löst zwar einen Verdacht aus, dieser muss jedoch zunächst mit den Vorgaben der Bio-Verordnung kontextualisiert werden und kann auf betrieblicher Ebene entweder ausgeräumt werden oder sich zu einem „begründeten Verdacht“ verdichten.  Diese Zweistufigkeit trägt rechtssystematisch dem Umstand Rechnung, dass die in Artikel 29 (2) formulierten Verstöße nicht mittels der Analytik, sondern nur durch Kontextualisierungen mit betrieblichen Umständen erhärtet werden können. Dieselbe Rechtssystematik ist auch in Artikel 27 etabliert. Die im Artikel 29 gewählte Auslöseschwelle für eine amtliche Untersuchung, ohne dass eine Kontextualisierung mit den Vorgaben des Bio-Rechts erfolgt, steht rechtssystematisch im Widerspruch zur Struktur des Artikel 27 und 28 (2) der EU VO 2018/848.

Dies steht zudem auch im Widerspruch zum Prozessansatz der gesamten Bio-Verordnung, die die Konformität der Bio-Prozesse und Produkte von Einhaltung der Produktionsvorschriften abhängig macht und nicht von der Zusammensetzung eines Produktes.   Die EU-Bio-Verordnung ist prozessorientiert aufgebaut. Ob ein Prozess oder ein Erzeugnis daraus Bio sein kann, hängt im Kern davon ab, dass der Landwirt oder das Unternehmen, die Prozessvorgaben für Landwirtschaft, Verarbeitung und Handel der Verordnung eingehalten hat. In den seltensten Fällen und schon gar nicht bei Spurenbefunden geben jedoch analytische Befunde belastbare Auskunft darüber, ob ein Landwirt oder Unternehmen die multiplen Anforderungen der Verordnung erfüllt hat oder nicht. Dies können nur eine Auditierung und andere prozessorientierte Kontrollmaßnahmen sicher leisten. Die einseitige Fokussierung auf das Vorhandensein nicht zugelassener Erzeugnisse und Stoffe in Bio-Produkten hebelt die zentrale Funktion der Auditierung und Zertifizierung und damit der Prozessorientierung im Bio-Recht aus. Sie widerspricht somit dem Grundcharakter der Verordnung.

8. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Eine amtliche Untersuchung, ausgelöst durch das Vorhandensein eines nicht zugelassenen Erzeugnisses oder Stoffes, hat nach Artikel 29 (1) b) die rechtliche Konsequenz einer Warensperrung. Dazu kommt die Pflicht des Unternehmens gemäß Artikel 39 (1) d) iii) den Käufer des Erzeugnisses schriftlich zu unterrichten. Beide automatischen Rechtsfolgen können bereits erhebliche ökonomische Auswirkungen auf Eigentum eines Unternehmens haben, z.B. durch zusätzliche Lagerkosten, Nichteinhaltung von Lieferzusagen, oder Imageschäden. Es steht in Frage, ob eine amtliche Untersuchung mit derartigen Eingriffe in den freien Warenverkehr und in die Eigentumsrechte aufgrund einer wissenschaftlich und rechtlich zweifelhaften Auslöseschwelle (Art 29 (1)) ohne Verdichtung durch Kontextualisierung zu einem begründeten Verdacht, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union genügt[17].

Die rechtlichen Voraussetzungen gemäß VO EG Nr. 178/2002 und die dort in Art 14 etablierte Fokussierung auf die Lebensmittelsicherheit, insbesondere in Hinblick auf „nicht Verkehrsfähigkeit“  (Art 14 (1)) und Information (Art 19) legt nahe, dass vergleichbare Maßnahmen aufgrund des Vorhandenseins eines nicht zugelassen Erzeugnisses oder Stoffes in einem Bio-Lebensmittel ohne Kontextualisierung mit dem Vorgaben des Bio-Rechts und ohne Relevanz für die Lebensmittelsicherheit wahrscheinlich in der Regel nicht verhältnismäßig sind.

Die Einführung des Artikel 29 hat aus Sicht der Unternehmen, insbesondere in einigen spezifischen Produktgruppen und im Import, zu einer massiven Zunahme an bürokratischen Lasten und Störungen im Warengeschäft geführt.

Anlage I Spezifische Situation OFIS

  1. Ausgangsbemerkung

OFIS (Organic Farming Information System) ist ein Meldesystem der EU für Verdachtsfälle von Verstößen gegen die EG-Bio-Verordnung. OFIS dient als Informationssystem zwischen den Mitgliedsstaaten und deren Behörden. Nur Behörden haben Einsicht in die Datenbank. Da die Wirtschaftsakteure keine Einsicht in die Datenbank haben, basieren die Ausführungen im Folgenden auf den Erfahrungen, die Unternehmen gemacht haben, die in OFIS-Fälle involviert waren und den öffentlich zugänglichen Maßnahmen, die auf der Grundlage von OFIS entschieden wurden.

  1. OFIS Organic Farming Information System – Sinn und Zweck

Ziel der OFIS-Datenbank ist Transparenz für die Behörden der MS und der EU über Unregelmäßigkeiten und den Warenfluss von Öko-Waren herzustellen. Unregelmäßigkeiten werden hier von Behörden gemeldet, und an andere Behörden, nicht jedoch an die Kontrollstellen, weitergeleitet. Kontrollstellen im Drittland erhalten die OFIS-Meldungen direkt über das Portal und können im System antworten.

Laut der Verordnung löst ein vermuteter Verstoß gegen die Bio-Verordnung und insbesondere die „fundierte Information über das Vorhandensein von Erzeugnissen und Stoffen, die … nicht … zugelassen sind“ einen Verdacht und somit eine amtliche Untersuchung aus (Art 29 2018/848). Jeder Verdacht auf einen Verstoß gegen die Integrität des Öko-Erzeugnisses, löst eine OFIS-Meldung aus (2021/279).

Die Kommission nutzt zudem die OFIS-Meldungen um Produkte, Unternehmen, Kontrollstellen oder Länderbehörden zu identifizieren, die aufgrund der Anzahl der OFIS-Fälle auffällig sind. Und um Listen von Hochrisikoprodukten und Herkünften zu erstellen.

Der im Jahr 2025 zu erstellende Bericht zur Umsetzung des Artikel 29 wird nach Auskunft der Kommission auch auf Grundlage von Daten aus den OFIS-Meldungen erfolgen. Das ist hoch problematisch auf der unsoliden Datengrundlage der OFIS-Meldungen.

Ablauf OFIS Meldung

Eine OFIS-Meldung kann im Portal nur über eine Behörde ausgelöst werden. Möchten Kontrollstellen eine OFIS-Meldung auslösen, wird die zuständige Behörde informiert, und von dieser wird die OFIS-Meldung über das Portal an das entsprechende Land in der EU oder direkt an die Kontrollstelle im Drittland gemeldet.

Die Behörde im entsprechenden MS erhält eine OFIS-Meldung und informiert die zuständige Kontrollstelle, die aufgefordert ist, eine Untersuchung bei dem Unternehmer zu starten. Die Kontrollstelle antwortet mit dem Ergebnis der Untersuchung der Behörde, die Antwort wird anhand einer Vorlage eingegeben. Die Behörde entscheidet, ob die Untersuchung der Kontrollstelle ausreichend war und kann entsprechend der Antwort der Kontrollstelle ablehnen oder akzeptieren.

Statistik und Auswertung der OFIS Fälle

Eine zentrale Quelle von Fehlern und damit von Unsicherheiten bei Be- und Auswertung ist, dass es keine klaren Kriterien für die Meldung gibt. Offensichtlich werden auch Fälle gemeldet, bei denen die Probenahme nicht klar ist, die gemessene Substanz erlaubt ist oder ubiquitär vorkommt oder die Art, Umstände und die Höhe des Befundes bei spezifischen Parametern keinen Anlass für einen Verdacht auf einen Verstoß gegen die Bio-Verordnung darstellen. Es wird nicht unterschieden, ob es sich bei dem Produkt, um ein verarbeitetes Produkt handelt und Auf- oder Abkonzentrationsprozesse (Verarbeitungsfaktor) bei der sachgerechten Bewertung eine Rolle spielen sollten oder multiple Anwendungen der Substanz möglich sind (Multiple-Source-Substanzen).

Zudem ist es nicht möglich OFIS-Fälle zu stoppen, wenn sich herausstellt, dass die zugrundeliegende Information falsch ist, z.B. im Falle einer Fehlmessung oder wenn das Vorhandensein einer Substanz, die zulässig ist, zu einer Meldung geführt hat. Das Auslösen einer OFIS-Meldung in einem Mitgliedstaat führt automatisch zu weiteren Meldungen in die Ursprünge. Auch wenn der Verdacht schon ausgeräumt worden ist.

Die unterschiedlich starken Durchdringungen der technischen Fragen im Hintergrund führen zu einer sehr divergenten Meldepraxis durch die Behörden in Europa und die Kontrollstellen im Drittland. Und damit zu einem Datensatz, der für statistische Auswertungen nur beschränkt geeignet ist.

Dennoch werden die OFIS-Meldungen für statistische Auswertungen genutzt. Hierbei wird über die Anzahl der OFIS-Meldungen Erhebungen pro Unternehmen/ Kontrollstelle/ Behörde und MS, sowie pro Produkt und Ursprungsland vorgenommen.

Nach der Kenntnis der Informationsbriefe wird jede der folgenden OFIS-Meldungen gezählt und gewertet:

  • OFIS-Meldungen, die noch nicht abgeschlossen sind
  • OFIS-Meldungen, die keinen Verstoß ergaben
  • OFIS-Meldungen, die vom Unternehmen selbst ausgelöst werden
  • OFIS-Meldungen aus zweifelhaften Analysen oder mit Ergebnissen <LOQ
  • OFIS-Meldungen zu mehreren Chargen zur selben Ursache und Quelle
  • Ein Verdacht führt zu mehreren OFIS-Fällen
  • OFIS-Meldungen werden nicht in ein prozentuales Verhältnis zur Gesamtmenge an Export/ Import-Vorgängen getroffen
  • Verarbeitete/ getrocknete Produkte werden wie nicht verarbeitete/getrocknete Produkte behandelt

Die Statistik, die aus dem OFIS-Portal gezogen wird, findet ohne Berücksichtigung der vorab genannten Faktoren statt. Diese beschränkt belastbare Informationsgrundlage wird jedoch dazu genutzt, weitgehende Maßnahmen einzuleiten.

Anhand der Statistik werden folgende Bewertungen vorgenommen und Maßnahmen ergriffen:

  • Identifikation von “high risk products” und “high risk country”
    • Die zu zusätzlichen Kontrollmaßnahmen führen
  • Identifikation von Unternehmen, die unter Verdacht stehen, betrügerischen Aktivitäten nachzugehen
  • Identifikation von Kontrollstellen, die keine effizienten und effektiven Kontrollen durchführen und sich nicht an die Durchführungs-VO halten
  • Identifikation von MS, deren Kontrollsystem angezweifelt wird

Das System ist dysfunktional, weil die Datengrundlage nicht technisch klar und einheitlich definiert ist. Die daraus folgenden Auswertungen und Schlussfolgerungen sind in der Aussagekraft begrenzt. Auf dieser Grundlage werden jedoch Maßnahmen abgeleitet, die weitgreifende Konsequenzen für Unternehmen und Kontrollstellen haben. Die Anzahl der OFIS-Meldungen pro Unternehmen/ Kontrollstelle oder Land ist die Grundlage für Verstoßvorwürfe oder zusätzlich angeordnete Kontrollen in Unternehmen, in Kontrollstellen und bei Behörden.

Die Anklagen sind nach unserer Auffassung nicht statthaft und rechtsgültig, da diese auf unzureichend definierten Datensätzen und deren mangelhafter Auswertung beruhen.

Bürokratie-, Zeit- und Kostenaufwand

Meldungen werden unter anderem von Kontrollstelle zu Behörde und dann von Behörde zu Kontrollstelle bzw. anderer zuständiger Behörde geleitet, die jeweilige Kontrollstelle, als der Empfänger einer OFIS-Meldung hat 30 Tage Zeit, eine Untersuchung durchzuführen und zu antworten, Frist-Verlängerungen sind im System möglich. Die EU und der Co-Kommentator (anderer MS) haben einen 10-tägigen Zeitraum, um die Antwort mitzulesen. Während dieser Zeit ist die OFIS-Meldung gesperrt, die auslösende MS-Behörde kann in diesem Zeitraum weder eine Meldung abweisen noch akzeptieren.

Die Briefe, die aufgrund der OFIS-Statistik an aufgefallenen Kontrollstellen, deren Unternehmen, deren Behörden und deren MS adressiert werden, verlangen eine Erörterung der OFIS-Fälle und eine Rückmeldung in einer 30-tägigen Frist.

Kontrollstellen und Unternehmer sollen zu konkreten OFIS-Fällen Stellung beziehen. Kontrollstellen werden aufgefordert, Konsequenzen und Maßnahmen bei den entsprechenden Unternehmen zu ergreifen und diese zu beschreiben. Erfolgen keine Maßnahmen oder Konsequenzen gegenüber den Unternehmen, geht die EU-Kommission davon aus, dass das Kontrollsystem der Kontrollstelle mangelhaft ist und verbessert werden muss.

Die relevanten Informationen zu den in den Verfahren angesprochen konkreten Fällen liegen im OFIS vor. Dennoch wird ein immenser zeitlicher Aufwand von allen Beteiligten erwartet, um komplexe OFIS-Fälle wieder aufzurollen und erneut zu beantworten.

Der Druck auf die Kontrollstellen durch die Briefe hat zur Folge, dass diese Anforderungen an die Unternehmen stellen, die diese auf Dauer nicht erfüllen können und ein erfolgreiches Wirtschaften gefährdet ist. Die Kosten für die Bearbeitung von vermeidlichen Verdachtsfällen bei den Unternehmen für Analysen, Personal, Reisekosten etc. sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Oft stehen Aufwand und Risiken vs. Umsatz in keinem guten Verhältnis. Insbesondere in einigen besonders betroffenen Branchensegmenten.

Durch die unsachgemäße Eingabe von Meldungen im OFIS Portal wird das System überlastet und unsachgemäß ausgedehnt. Den eigentlichen Zweck, der Identifizierung von möglichen Betrugs-Aktivitäten, wurde verfehlt. Kontrollstellen/Unternehmen und Behörden sind überlastet mit der Verfolgung einer Vielzahl von OFIS-Fällen, von denen die meisten nicht fundiert sind. Diese Überlastung führt auch dazu, dass andere wichtige Indizien für Betrug und Werkzeuge zur Betrugsbekämpfung vernachlässigt werden.

Vorschlag zur Vorgehensweise

Auf der Grundlage der jetzigen Regelung muss für jede Information über das Vorhandensein eines Erzeugnisses oder Stoffes, der nicht zugelassen ist, folgende Prüfung erfolgen, bevor eine amtliche Untersuchung und/oder eine Meldung ausgelöst wird.

Die Systematik aus dem Vademecum sollte um folgende Prüfschritte ergänzt werden.

  • Probenahme nach VO 2002/36 EG und 2013/691.

Kontamination während der Probenahme ausgeschlossen?

  • Vor dem Start einer amtlichen Untersuchung zunächst Überprüfung, ob dieser Befund in dem Produkt und Unternehmen schon amtlich untersucht wurde.
  • Die Stellungnahme des Unternehmens sollte eingeholt werden, einschließlich Prüfung, ob das betroffene Unternehmen zu Sachverhalt nach Art 28 (2) eine Bewertung durchgeführt hat. Wenn ja, ist diese auf Stichhaltigkeit zu prüfen.
  • Die Kontrollstellen oder Behörde muss die OFIS-Inhalte zum Fall an ihren Kunden, den betroffenen Importeur/Hersteller/Händler transparent weitergeben – sachgerechte Information.
  • Ein Verarbeitungsfaktor sollte nach VO 2005/396 EG, Artikel 20 bzw. „information note on Article 20 of Regulation (EC) No 396/2005 as regards processing factors, processed and composite food and feed” angewendet werden.
  • Die Durchführung der Prüfung sollte sich an guter fachlicher Praxis[19]

 

Unterstützende Organisationen Webseite
Associazione nazionale delle imprese di trasformazione e distribuzione dei prodotti biologici assobio.it
BioNederland bionederland.nl
Bioselena bioselena.com
Bulgarian Organic Products Association  
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft boelw.de
CONSORZIO IL BIOLOGICO Soc. Coop. consorzioilbiologico.it
Deutscher Fruchthandelsverband e.V. dfhv.de
Ecovalia ecovalia.org
Lebensmittelverband Deutschland e. V. lebensmittelverband.de
Polska Izba Żywności Ekologicznej jemyeko.com
Synabio synabio.com
TEA & HERBAL INFUSIONS EUROPE thie-online.eu
Vereinigung der am Drogen- und Chemikalien- Groß- und Außenhandel beteiligten Firmen e.V. v-d-c.org
Waren-Verein der Hamburger Börse e.V. waren-verein.de
Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller aoel.org

 Kontakt

Dr. Alexander Beck, Geschäftsführer AöL e.V.  E-Mail: alexander.beck@aoel.org | Tel: +49 (0) 9741 93332 21

AöL e.V. | Untere Badersgasse 8 97769 Bad Brückenau | Tel: +49 (0) 9741 93332 0

[1] -Befunde in Wildsammlungen mit Herbiziden, Fungiziden, etc. die bei diesen Produkten keinen agronomischen Sinn ergeben

-Befunde die entstehen, wenn Pflanzen Verunreinigungen aufgrund der Ähnlichkeit mitgesammelt werden, die Verunreinigungen bringen wie Matrin, Oxymatrin aus Saphorawurzel, bei Süßholzwurzel-Chargen

-Befunde, die die Pflanzen vermehrt einlagern, wie Bromid in Kräutern und Tees, Kohlgewächse, Algen, Pilze

-Befunde von Anthrachinon, obwohl bekannt ist, dass diese bei der Trocknung entstehen, u.a. bei Schwarztee, Mate, etc.

[2] Z.B. handelte es sich um einen amtlichen Probenzug mit Gegenproben, die das Unternehmen erhalten hat?

[3] Grundsätzlich muss die Nachbeprobung vor Start einer amtlichen Untersuchung etabliert werden. Das Verfahren zur Nachbeprobung sollte möglichst definiert und von einer unabhängigen dritten Stelle durchgeführt werden, um eine belastbare gemeinsame Datengrundlage zu haben.

[4] Es kam z.B. zu einem OFIS-Fall ausgelöst auf Grundlage des Vorhandenseins von Piperonylbutoxid – eine als Synergist für Bio zugelassene Substanz

[5] Bericht aus der Praxis; nochmalige OFIS-Auslösung in Tschechien mit Wirkung auf den Ursprungsländern der eingesetzten Rohwaren, obwohl die Kontrollstelle in DE allen Chargen mit Befunden nachgegangen ist, und Recherchen im Ursprungsland mit Unterstützung der dortigen Kontrollstellen durchgeführt hat. Die OFIS- Meldung ist bisher nicht abgeschlossen, da Tschechien über den Status der Ware entscheidet. Der Fall ist seit 12.2023 immer noch offen. Es kam zu erheblichen ökonomischen Auswirkungen.

[6] Bericht aus der Praxis: Den Bewertungen/Aussagen/Studien zu Befund Bromid wurde nicht Gehör geschenkt. Es wurden Nachanalysen, TC-Sperren bei Lieferanten, Investigation beim Lieferanten durchgeführt und nach 3 Jahren und 8 Monaten der Fall abgeschlossen mit Ergebnis Bio-Status bestätigt.

[7] Es wäre systematisch sinnvoll vor einer veranlassten amtlichen Untersuchung die Ergebnisse, sofern vorhanden, der Bewertung des Unternehmers gemäß Artikel 28 (2) zu verifizieren und zu prüfen, ob ein möglicher Verdacht bereits sachgerecht ausgeräumt wurde.

[8] Bericht aus der Praxis: der zeitliche Aufwand bei den aus Frankreich gemeldeten Fällen lag zwischen 4 Jahre/ 10 Monate und 1 Jahr/1 Monat, der Durchschnitt lag bei 1 Jahr und 11 Monaten. Die Fälle aus AU, CH, D, MA, PL, IT dauerten im Durchschnitt bei 1 Jahr/7Monate

[9] Unternehmen, erhalten in der Regel eine formlose Mail des Vorlieferanten oder eines Kunden, dass Ware verdächtig ist oder dezertifiziert wurde, ohne Angabe von Gründen und Rechercheergebnissen. Die gemäß Art 28 (2) veranlasse Sperrung durch das Unternehmen wird von den Behörden im Nachhinein als „freiwillig“ interpretiert, sodass keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Es gibt keine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu prüfen. Die Behörden schieben die Verantwortung, aufgrund der unsicheren rechtlichen Situation, an die Unternehmen zurück, um möglichen Regressforderungen vorzubeugen.

[10] Zudem haben viele Kräuter / Wildkräuter eine bodenreinigende Funktion und nehmen Schadstoffe auf. Auf Böden mit Altlasten, z.B. in alten Zuckerrübengebieten mit viel Chloridazon, ist zu beobachten, dass in aktuell dürren Jahren die Chloridazonbelastung in Biokräutern steigt (obwohl Chloridazon schon seit über 10 Jahren nicht mehr eingesetzt wurde).

[11]https://www.organic-integrity.org/fileadmin/afi/docs/afi10/08_Reliable-Imports-of-Organic-Products-from-third-Countries-into-EU.pdf

https://www.organic-integrity.org/meetings

https://foodfraudadvisors.com/a-serial-cereal-offender-is-behind-bars-in-italy/ https://www.agrarheute.com/land-leben/bio-betrug-landwirt-legt-gestaendnis-ab-585014

https://apnews.com/article/9dbce7d3c042402b92ab5dfcce7e3cb9

[12] Es ist nicht sachgerecht, dass Drittland-Betriebe oder Waren von Drittlandbetrieben dezertifiziert werden, wenn eine Anwendung von nicht zugelassenen Stoffen nicht nachgewiesen ist, und weder agronomisch sinnvoll noch wahrscheinlich ist. Oder der Sachverhalt nicht nachprüfbar ist, z.B. dadurch, dass der Falle schon Jahre zurückliegt, oder die Kontrollstelle nicht mehr existiert.

[13] Z.B. Die Analyse stellt sich im Nachgang als falsch heraus

[14] Limit of dedection

[15] Limit of quantification

[16] https://www.lach-bruns.de/wp-content/uploads/2025/02/UPOP-BioFach-2025_G.pdf

[17] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/HTML/?uri=CELEX:12016M005

Dieser Grundsatz beschränkt das Handeln der Organe der Europäischen Union (EU)

[18] https://www.organic-integrity.org/fileadmin/files/A_Vade_Mecum_on_Official_Investigations_in_Organic_Products.pdf?v=1722947301

[19] https://www.organic-integrity.org/fileadmin/files/A_Vade_Mecum_on_Official_Investigations_in_Organic_Products.pdf?v=1722947301