Es ist Urlaubszeit. Endlich komme ich für ein paar Wochen aus dem Büro hinaus, kann meine Gedanken von der Arbeit lösen. Ich bin froh, etwas Abstand zu gewinnen, um die Batterie neu aufzuladen und danach mit neuen Kräften wieder ans Werk gehen zu können.

Da sitze ich also völlig losgelöst und seelenentspannt auf der Alpenvereinshütte im hintersten Eck der Tiroler Alpenwelt. Gemeinsam mit anderen Wanderern sitze ich am Tisch, trinke ein Radler, warte auf das Bergsteigeressen und klöne über das Leben und die Welt. Es dauert nicht lange, da kommt die Frage „Und was machst du beruflich?“. Also berichte ich. Und auf einmal war es das, mit dem Gedanken von der Arbeit lösen. Das ist wohl das Problem, wenn man sich beruflich mit Lebensmitteln beschäftigt. Essen tun alle – auch im Urlaub.

Das Gespräch landet schnell bei der Frage, ob Bio denn nun wirklich besser ist. Und völlig automatisiert fange ich an, die Standard-Leier herunter zu beten und beginne mit dem meist genutzten Argument „Natürlich ist Bio besser, denn es ist viel weniger mit Pflanzenschutzmitteln belastet. Außerdem werden bei Bio viel weniger Zusatzstoffe genutzt, gesetzlich sind nur circa 1/8 von dem erlaubt, was für konventionelle Lebensmitteln zugelassen ist.“ Ich beginne also mit der „Bio ist frei von“-Rede. Und das ist der Moment, in dem mein Hirn alle Warnlampen auf ROT stellt. STOP!

Nun müssen die Gedanken noch tiefer zurück zur Arbeit – denn genau darüber haben wir im Verband gerade erst gesprochen. Die Bio-Branche hat sich in den letzten Jahren vor allem darüber definiert, was sie alles NICHT ist. Darüber haben wir manchmal völlig vergessen, was Bio eigentlich alles leistet. Die vielen Unternehmen, die sich der ökologischen Wirtschaftsweise verschreiben, tun dies hauptsächlich, da sie die Lebensmittelproduktion als Teil eines Kreislaufes sehen. Nämlich dem Kreislauf der Natur. Egal ob Landwirt oder Hersteller, mit ihrem Handeln greifen sie ganz aktiv in die Natur ein. Der Ökolandbau ist eine nachhaltige Form, Lebensmittel herzustellen. Er ist gesund für den Boden, gesund für das Wasser, gesund für die Artenvielfalt. Wenn die Umwelt, in der ich arbeite, gesund ist, kann sie mich über viele Jahre mit Lebensmitteln versorgen, ich arbeite also nachhaltig. Das verarbeitete Lebensmittel, das ich am Ende der Produktionskette esse, ist genauso ein Teil dieses Systems, soll daher so schonend wie möglich verarbeitet werden. So erhalte ich den typischen Geschmack, die typische Konsistenz und merke, ich esse etwas, das aus der Natur kommt. Die Natur ist aber nicht risikofrei, die Natur ist auch nicht steril. Sprüht der konventionelle Nachbar Pestizide und es kommt Wind auf, wird sich der Wind sicher nicht denken „Oh, hier ist ein Bio-Acker, um den mach ich mal einen großen Bogen, damit die Pestizide hier nicht rüber wehen“.

Bio ist aus diversen Gründen nicht immer frei von Rückständen. Doch das ist auch nicht das Hauptziel, es ist mehr eine willkommene Begleiterscheinung. Bio definiert nicht die Analyse am Endprodukt. Bio definiert der Weg dorthin. Denn Bio ist nicht frei von allem, sondern voll von vielem! (Johanna Stumpner) +++

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